Patagonien: Chile & Argentinien


Patagonien: Wiedersehen bei Wind und Wetter



T: In Santiago de Chile stellen wir fest, wie schön es ist, einmal freudig empfangen zu werden, ohne gleich danach etwas kaufen zu müssen oder irgendwohin transportiert zu werden. Denn wie geplant empfängt uns Nadine freudig im Hostel Forrestal. Wir hatten von vornherein geplant, mit ihr die drei Wochen in Patagonien zu verbringen. Zunächst treffen wir aber zum Abendessen noch Stefan, einen ehemaligen Kommilitonen von Svea und Nadine, der in Santiago lebt. Zur Abwechslung essen wir peruanisch, denn schon auf der Taxifahrt vom Flughafen erfahre ich von Chilenen, dass die peruanische Küche einfach besser ist als die eigene. Dieses Geständnis verwundert mich, bei dem Zirkus, den die hier um die Herkunft des Pisco Sour mit den Peruanern machen.



Nun gut, nach einem feucht fröhlichen Abend und erholsamen zwei Stunden Schlaf geht es für uns drei weiter im Flieger nach Punta Arenas. Kurzer Zwischenstopp hier und mit landestypischer Haute-Cuisine (Completo Italiano = HotDog mit Avocado und viiiel Mayo) zum Frühstück reisen wir nach Puerto Natales, dem Ausgangspunkt zum weltberühmten Torres del Paine Nationalpark.

Hier erwarten uns erstmal ein paar Hiobsbotschaften: zuerst offenbart uns die Hosteldame, dass das Wetter die letzte Woche super schön war mit 20 Grad und Sonnenschein. Die nächsten sechs Tage wird es aber nur regnen. Dann offenbart sich unsere erste Camp-Reservierung im Nationalpark als reine Email-Eingangsbestätigung und wir wissen noch nicht einmal, wo wir schlafen werden und ob wir in den Park betreten dürfen. Beim Zeltverleih (für Nadine) werden wir dann von erfahrenen Campern auf ein Weltuntergangsszenario vorbereitet: „You will get wet feet!“ (Du wirst nasse Füße bekommen) und „Plastic bags are your best friends“ (Plastiktüten sind eure besten Freunde). Zusammen mit dem derzeitigen Scheißwetter im tristen Puerto Natales wird uns Angst und Bange... Aber ich nehme es vorweg:  es wird sich alles zum Guten wenden und wir werden eine fantastische Woche in einem der schönsten Nationalparks in Patagonien erleben. 
Bereits am beim Parkeingang wird uns offenbart, dass die Park Ranger gerade streiken.  Was für uns bedeutet, dass wir auch ohne vollständige Reservierung in den Park kommen und zudem die Eintrittsgebühr nicht zahlen müssen. Das Schwabenherz lacht herzhaft auf! :-)

S: Weiter gehts mit einer pünktlich abfahrenden Fähre über den Lago Pehoé, die uns am Rifugio und Campingplatz Paine Grande absetzt. Dort fragen wir nach, ob es sich lohnt, zum reservierten Campingplatz Grey zu laufen. Beide Standorte werden von ein und demselben Betreiber verwaltet. Es lohnt nicht, dafür dürfen wir hier bleiben und das ist gar keine schlechte Wahl: warme Duschen, Minimarket und ein riesiges „Kochhaus“ mit verglasten Fenstern. Wir machen noch eine kleine Wanderung von dem Platz aus und bereiten am Abend unser erstes Campingessen vor. Versuchen es zumindest, denn uns fehlt ein wichtiges Teil des Campingkochers, dass Thomas in Puerto Natales gelassen hat. Aber dank Minimarket können wir auch dieses Problem lösen und genießen Pasta mit Würsteln, Tomatensoße und Käse. 
Bezüglich des Wetters sind wir auf alles vorbereitet: jeder von uns hat mindestens 5 Plastiktüten in und um seinen Rucksack gewickelt und die Regenjacke sowie den Regenschutz immer griffbereit. Aber so oft brauchen wir den Schutz gar nicht. Der Wind peitscht uns zwar ordentlich ins Gesicht, aber wenn es einmal regnet, dann nur leichter Nieselregen, der innerhalb kürzester Zeit wieder von blauem Himmel und Sonnenschein abgelöst wird. Ok, an einem Tag kämpfen wir etwas länger mit den lästigen Tropfen, die bei Temperaturen um Nullgrad auch mal zu Schnee werden. Aber wenn am Abend die Sonne wieder scheint, sind die kalten Hände und nassen Regenjacken schnell wieder vergessen. Und die Kamera ist ebenfalls schnell geputzt. Vier Jahreszeiten-Wetter an einem Tag erwartet man von Patagonien.





T: Obwohl man sich ja nicht in so einem riesigen Gebiet bei diesem Trek befindet , überrascht mich jeden Tag die Vielfalt der Landschaft. Rund um das Campamento Paine Grande und den Grey-Gletscher sind noch die Spuren des großen Brandes von 2011 zu erkennen. Aber mittlerweile grünt es unter den grauen abgestorbenen Bäumen wieder und der Blick auf die Cerros Paine Grande, die Punta Barriloche und den Gletscher bleibt unvergleichlich schön. Das Valle Francés unter den festungsartigen Cuernos und der Blick auf den Nördenskjöld See gefallen mir vor allem in der Abendstimmung. Zur Zeit geht die Sonne sehr spät unter, erst so gegen 20Uhr dämmert es und wir können deshalb sehr lange das weite Panorama Patagoniens bewundern.



Natürlich steht es mir zu übers Essen zu berichten. Zuerst einmal Danke an Nadine, die schon in Santiago die meisten Lebensmittel für uns eingekauft hatte. Wir haben in der Planung sehr gut kalkuliert und müssten eigentlich nichts mehr in den unverschämt teuren Minimärkten der Campingplätze kaufen, aber wir haben ja beim Parkeintritt gespart. Also gönnen wir uns ab und zu mal einen Kuchen zur Teatime oder am Ende mal ein gutes Austral Bier und Wein. Abwechslungsreich geht es auch zu, denn wir schleppen nicht nur Nudeln mit, sondern auch mal Couscous oder Reis. Aber mit angebratenen Wurstscheiben und Käse schmeckt sowieso alles gut. Einmal machen wir uns ein hochkalorisches Fertigessen, dass wir aus Deutschland mitgebracht hatten. Aber so richtiges Wildnis-Abenteuer-Gefühl will dabei nicht mehr aufkommen. Zum Frühstück gibt es nahrhaften und zugleich leckeren Haferschleim. Wir motzen ihn mit Nüssen, getrockneten Aprikosen oder Papaya und G‘selz (S: Marmelade) auf. Aber offensichtlich schaffen wir es nicht ganz unseren Kalorienbedarf zu decken, denn die Hose schlabbert nach den sechs Tagen ganz schön. (S: Ganz lieben Dank an Pat Marko, der uns vorab mit seiner Nahrungstabelle über den Kalorienbedarf beim Outdoor-Wandern mit Zelt aufgeklärt hat. Wir haben nur nicht ganz so viele Gramm Nudeln gebraucht.) 





S: Beim W-Trek gibt es eine Königsetappe, die zu den markanten Bergen führen, deren Namen der Nationalpark trägt. Da wir das W von der falschen Seite gelaufen sind, steht die Etappe zu den Torres am Ende unserer Tour an. Von vielen anderen Wanderern haben wir schon gehört, dass sie die dünnen Felsnadeln gesehen haben und alles andere egal ist. Der Druck ist daher bei uns hoch, aber wir haben schon so viele schöne Ecken gesehen, dass wir die Sache gelassen angehen. Viele machen auch den sogenannten „Sunrise-Walk“, d.h. Um 2.00 Uhr nachts loslaufen, damit man zum Sonnenaufgang am Aussichtspunkt ist. Uns ist das definitiv zu früh und wir stellen unseren Wecker gemütlich auf 6.30 Uhr. Als wir aufwachen hören wir keine Tropfen und im Zelt ist es sehr hell - die Hoffnung steigt und tatsächlich blinzeln wir aus unserem Zelt in einen strahlend blauen Himmel. Nadine und ich können es kaum glauben, da wir am Vortrag durch Schnee und Regen gewandert sind. Thomas ist etwas angespannt und traut dem Frieden nicht. Daher macht er auch ein wenig Stress beim Frühstück und wir starten gegen 8.30 Uhr unseren Aufstieg zu den Torres.




Es ist traumhaft: strahlend blauer Himmel, eine wunderschöne Landschaft und am Ende eine Aussicht auf die wohl schönsten Berge im chilenischen Patagonien. Oben angekommen machen wir erst einmal eine ausführliches Foto-Shooting und sind dabei nicht die einzigen. Das Snickers schmeckt irgendwie auch besonders gut heute. Zurück am Campingplatz ziehen langsam aber sicher Wolken auf und der blaue Himmel wird wieder grau. Wird auch langsam Zeit nach fast 10 Stunden Sonne. 

T: Noch ein Wort zum Abenteuer-Faktor unseres Treks. Naja, der ist eher gering. Wir sind schon stolz, dass wir das erste Mal mit Zelt und Essen unterwegs sind. Ansonsten ist hier der W-Trek schon sehr gut erschlossen. Schon die warmen Duschen überall lassen darauf schließen. Außerdem sind die meisten Leute hier sehr gut ausgerüstet und nur selten begegnen wir Wanderen ohne Gore-Tex Hightech Bekleidung. Ich schließe uns da übrigens voll mit ein. Als Deutscher muss man sich erst recht nicht einsam fühlen. Als W-Trekker kennt und grüßt man sich auf den Wanderungen auch mal mit Hallo statt Hola. 



Für Svea kommt noch mehr Heimatgefühl auf, als wir ihre ehemalige Kollegin Heike mit Freund Michael im Camp treffen. Wir wissen zwar schon, dass die beiden zur ähnlichen Zeit im Park sind, aber beim gemeinsamen Abendessen bekommt man schon ein „Kleine-Welt-Gefühl“. Und neue Bekanntschaften kommen auch dazu. Am letzten Abend lernen wir Hanna und Lars aus Münster kennen, die wir am Tag eins nach Torres del Paine im gleichen Hostel und Schlafsaal treffen. Wir beschließen daraufhin, unsere gemeinsame Reisezeit auf Feuerland auszudehnen.



Wer übrigens alle Bilder sehen möchte, kann gerne dem Link hier folgen: W-Trek Torres del Paine


Patagonien II: Pinguine, Gletscher und kulinarische Köstlichkeiten

S: Die Stadt Ushuaia, die ich bisher nur als Duschbad-Marke aus Frankreich kannte, ist nicht schön, aber eben die südlichste Stadt der Welt und somit eine Sehenswürdikeit, die wir uns nicht entgehen lassen dürfen. Insbesondere wenn wir uns nur 12 Busstunden davon entfernt befinden - für südamerikanische Verhältnisse quasi um die Ecke. 
Gemeinsam mit Hanna und Lars beziehen wir das erstbeste Hostel, dessen Vermieter uns direkt am Busbahnhof abfängt und direkt vor die Haustür fährt. Wir sind vom 20.- 23.November in Ushuaia. Zwei Tage reichen wohl auch, denn was man hier machen kann, sind Pinguine angucken und durch den Nationalpark Tierra del Fuego flanieren. Bereits bei der Unterkunftssuche wird uns bewusst, dass sich das Ende der Welt seine einzigartige Lage gerne etwas kosten lässt. Wir werden auch beim Eintritt in den Nationalpark sowie einer Katamaran-Fahrt zur Pinguininsel mit Wucherpreisen konfrontiert. Aber Thomas übt schon für Südostasien und verhandelt fleißig auf Spanisch, mit Erfolg. :-) 






S: Die Luxuspreise in Patagonien führen dazu, dass viele Reisende am Abend in der Hostel-Küche kochen. Nicht immer findet sich der passende Topf oder die gutbeschichtete Teflonpfanne in der Küchenausstattung, aber man hat vom Campen improvisieren gelernt. Thomas läuft an einem Abend sogar zur Höchstform auf und zaubert für sieben Personen ein unglaublich leckeres Kürbisrisotto. Auch Heike und Michael, die wir mal wieder zufällig im gleichen Bus nach Ushuaia treffen, sind eingeladen. (T: Vielleicht liegt es nicht nur am schwäbischen Sparzwang, sondern einfach daran, dass wir gerne die weltberühmte „German Gemütlichkeit“ bei Essen, Bier und Wein in größerer Runde zelebrieren) Aber wie zu Hause hat jeder von uns seine Spezialität und beim Teig für einen riesigen Flammkuchen darf auch ich mal meine Kochkünste zum Besten geben. Das Kochen gibt uns auch ein bisschen das Gefühl von Alltagsleben wieder, nur etwas angepasst an die lokalen Gegebenheiten, sodass der Reis nicht in Stuttgarter Kesselform, sondern in Anlehnung an die drei Torres del Paine angerichtet wird.







S: Am Flughafen in Ushuaia heißt es Abschied nehmen von Hanna und Lars: die beiden fliegen in die Wärme nach Buenos Aires und wir bleiben im windigen Patagonien auf argentinischer Seite. An unsere nächsten beide Orte habe ich große Erwartungen, da ich sowohl in Büchern gelesen als auch von Freunden schon viel über den Perito Moreno Gletscher und El Chaltén gehört hatte. Wir sind alle drei geschockt von den Luxuspreisen für Bus und Eintritt für den größten Gletscher Argentiniens und ziemlich verärgert, als wir erfahren, dass die Preise seit der vergangenen Woche sogar gestiegen sind! @Ramona: habt ihr etwa etwas mit dem Preismanagement hier unten zu tun? :-) 
Die wunderschöne Natur überzeugt uns trotz der Abzocke und wir machen uns auf den Weg zum Gletscher. Am 25.November reisen wir nach El Chaltén, dem Chamonix Patagoniens. Mit einfachen Tagestouren (Zitat Nadine: „Von der Schwierigkeit her wie auf der schwäbischen Alb.“) erkunden wir die schönsten Berge Argentiniens: Cerro Torre (3.102m) und Fitz Roy (3.405m). Wir haben auch hier wieder das Gefühl, dass Patagonien uns mag und uns meistens mit Sonnenschein und guter Gipfelsicht verwöhnt. 









S: Reisen kann übrigens ziemlich anstrengend sein und die Dauer der Reisezeiten in Flieger, Bus und Boot sind nicht zu unterschätzen. Gut, wenn man(n) überall schlafen kann :-) 



7 Kommentare:

  1. Freut mich für euch wenn alles gut funktioniert hat! Essen & Wetter!!! Viele Grüße aus der Heimat, der erste Schnee ist auch schon gefallen... LG Marko

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  2. Ja, es klappt doch schon ...
    Im Novembergrau in Thüringen von der Weite und Schönheit
    Patagoniens zu hören und zu sehen kann schon helfen.
    Danke an die wunderschöne Fotostory und die detaillierten
    Geschichten, es macht Spaß und ich wäre an den sonnigen Tagen soo gern mit dabei.
    Simone.

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    1. An unserer Königsetappe habe ich sehr oft an dich gedacht und dir viele sonnige Grüße an den Zipfel geschickt :-)

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  3. Pah, von wegen Schnee. Heute hatten wir 16 Grad in Stuttgart! Liebe Grüße Kai

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    1. Wir können euch ein bissl Eis vom Moreno Gletscher abgeben :-). Aber bei 16 Grad kann man doch trotzdem schon den ersten Glühwein trinken, oder? Liebe Grüße aus dem argentinischen Patagonien ins Ländle.

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  4. Es ist ja wie im schönsten Outdoorkino - chaque soir cinema avec animaux et paysage, merci.
    Wir haben soo Fernweh ...
    maman, petite fille et papa II.

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